Lukas 20,45-21,4
Heutige Bibellese:
Josua 1,1-2,24 / Lukas 21,1-28 / Psalm 92,1-16 / Sprüche 13,15-17
Wenn man die synoptischen Evangelien (Mt, Mk, Lk) vergleicht, stellt man viele Ähnlichkeiten, aber immer wieder auch charakteristische Unterschiede fest. So wird im Matthäusevangelium, das besonders für eine jüdische Leserschaft geschrieben wurde, der Warnung Jesu vor den Schriftgelehrten und Pharisäern und seinen Weherufen über sie, viel Raum gegeben – ein ganzes Kapitel (Mt 23). Markus und Lukas widmen dem dagegen nur drei Verse, weil diese Auseinandersetzung für eine überwiegend heidnische Leserschaft nicht so spannend ist und aus der Fülle der Ereignisse sowieso nicht alles berichtet werden konnte.
Dafür endet der Bericht über Jesu letzten Aufenthalt im Tempel im Lukasevangelium (wie auch in Mk) mit dem Bericht über die Gabe der armen Witwe. Seit seinem Einzug in Jerusalem hatte Jesus in vielen Handlungen und Reden immer wieder auf die Verdorbenheit des jüdischen religiösen Systems hingewiesen (durch Tempelreinigung, Verfluchung des Feigenbaums und die vielen Gleichnisreden). Hier nun, kurz bevor Jesus den Tempel für immer verlässt, wird der Gegensatz zwischen der jüdischen Praxis und dem, was Gott eigentlich will und erwartet, noch einmal auf die Spitze getrieben. Und die Kürze der Berichte über die Schriftgelehrten und die arme Witwe machen den Kontrast zwischen beiden besonders eindrücklich. Auf der einen Seite die Pharisäer, die nach Bewunderung und Vorrangstellung streben, nur zum Schein lange Gebete halten und in Wirklichkeit die Ärmsten der Armen, die Witwen, um ihr Hab und Gut zu bringen suchten. Dieser Habsucht wird die arme Witwe gegenübergestellt, die ihr letztes Geld für Gott gab und NICHTS für sich behielt. Welch ein Gegensatz!