Richter 8,22-35
Heutige Bibellese:
Richter 7,1-8,35 / Johannes 6,1-21 / Psalm 106,32-48 / Sprüche 14,26-27
Beeindruckt von dem Sieg, den der Herr Israel unter Gideon über die Midianiter geschenkt hatte, wollen die Männer Israels Gideon zum König machen. Sie suchten die „Sicherheit“ eines sichtbaren Führers und eines Erbkönigtums (V.22). Und das, obwohl der Herr genau aus diesem Grund das Heer auf 300 Mann reduziert hatte, damit der Sieg nur IHM zugeschrieben werden konnte (7,2)! Gideon erkannte die Gefahr. Das Volk hätte seine Abhängigkeit von Gott verloren. Er erinnerte daran, dass der HERR über Israel herrschen soll, kein Mensch (V.23). Später war Samuel ähnlich erschüttert über die Forderung nach einem König und gebrauchte die gleiche Begründung, um Israel von der Falschheit des Anliegens zu überzeugen (1.Sam 8,5-7; 12,12).
Was hier beschrieben wird, entspricht dem, was Kirchengeschichtlich in der Zeit Konstantins geschah: man suchte den Schutz des Staates (vgl. Sendschreiben an Pergamon). Im Buch der Richter kann man Parallelen zu den Sendschreiben in Offenbarung 2-3 entdecken. Ri 3 zeigt, was geschieht, wenn die erste Liebe verloren geht (Brief an Ephesus); Debora und Barak entsprechen Smyrna, Gideon entspricht Pergamon.
Auf jede Erweckung folgt der nächste Fall. So war es in Israel, gleiches wiederholte sich in der Kirchengeschichte. Doch diesmal begann der Fall schon zu Lebzeiten des Richters, wurde sogar von diesem eingeleitet. Die Königswürde hatte Gideon von sich gewiesen – doch er verlangte nach dem Priestertum. Er macht sich ein goldenes Ephod, d.h. ein Kleidungsstück, das allein der Hohepriester trug (V.27)! Das wurde ihm selbst, seinem Haus und ganz Israel zur Falle. Sie betrieben Götzendienst, geistliche Hurerei (V.27.34; vgl. Off 2,14). Auch dies passt in die Zeit Konstantins. Schon zuvor, im 3. Jh., wird ein Vorrang der Gemeinde von Rom erkennbar. Mit Gründung der Reichskirche durch Konstantin wurde auf dem Konzil zu Nicäa die Amtsgewalt des römischen Bischofs über die Bischöfe des lateinischen Westens anerkannt. Im 5. Jh. (unter Innozenz I. und Leo I.) wuchs dessen Ansehen und Einfluss deutlich. Ebenfalls seit Leo I. (440–461 n.Chr.) tragen die Päpste den Titel „Pontifex Maximus“, d.h. einen Titel, den in altrömischen (heidnischen) Religionen die Mitglieder des höchsten Priesterkollegiums trugen und in der Kaiserzeit auch der Kaiser selbst. Die Kirche greift nach der Herrschaft über die Welt. Das ist der Übergang zu Thyatira, was dem nächsten Kapitel, der Herrschaft Abimelechs entspricht.