Richter 16,20; 17,6
Heutige Bibellese:
Richter 16,1-17,13 / Johannes 7,53-8,11 / Psalm 111,1-10 / Sprüche 15,1-3
Simson gab dem Drängen seiner Geliebten, Delila, nach und verriet sein Geheimnis. Dadurch wurde er seiner Haare „beraubt“, dem auffälligsten Zeichen seines Nasiräerseins, d.h. seiner Absonderung und Weihe für Gott. Schlimmer als der Verlust seiner schönen Haare war die Tatsache, dass der HERR von ihm gewichen war (V.20)! Dadurch unterschied er sich nicht mehr von anderen Menschen und war genauso kraftlos wie sie. Das schlimmste aber war, dass er sich selbst dessen gar nicht bewusst wurde. Er meinte, sich befreien zu können wie die Male zuvor. Er vertraute auf seine eigene Kraft – und musste feststellen, dass er kraftlos war!
Kirchengeschichtlich ist damit der Zustand Laodizeas erreicht. Jede neue Phase entwickelt sich aus der vorherigen. Genau das sehen wir hier. Die Christenheit wird immer weltlicher. Anstatt sich von der Welt abzusondern, passt man sich immer mehr der Welt an – einerseits mit der Absicht, keinen Anstoß zu erregen und so leichter Weltmenschen für die Kirche gewinnen zu können oder um als Einzelperson nicht als Christ „aufzufallen“. Aber wenn wir unsere Absonderung aufgeben und uns der Welt gleichförmig machen, dann weicht der Herr von uns und damit auch seine Kraft! Zu Laodizea musste der Herr sagen: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“ (Offb 3,20). Auch sie hatte nicht gemerkt, dass der Herr von ihr gewichen war und außerhalb der Gemeinde stand!
Vers 6 ist kennzeichnend für diesen Zustand: „Jeder tat, was recht war in seinen Augen“. Im Mittelalter tat man, was der katholischen Kirche recht war. In der Erweckungszeit tat man, was dem Herrn recht war. Und jetzt ist die Zeit gekommen, wo viele tun, was in ihren eigenen Augen recht ist. Man fragt nicht nach Gottes Willen, sondern nach seinem eigenen; man bastelt sich sein eigenes Gottesbild und seine eigene Religion.
Die letzten Kapitel des Buches der Richter gehören zeitlich an den Anfang. Das wird dadurch deutlich, dass ein Enkel Moses (18,30) bzw. Aarons (20,28) erwähnt wird. Die Tatsache, dass der Stamm Dan noch ein Erbteil sucht, spricht ebenfalls eher für eine frühe Datierung. Das zeigt übertragen, dass der moralische Zustand Laodizeas von Anfang an vorhanden war – schließlich gab es eine solche Gemeinde bereits zur Zeit, als Johannes die Offenbarung schrieb. Zu jeder Zeit gab und gibt es laue Gemeinden. Aber am Ende (in unserer Zeit) ist dieser Zustand vorherrschend.