Hesekiel 15

Nov 06

Heutige Bibellese:

Hesekiel 15,1-16,42 / Philemon 1-25 / Psalm 106,13-31 / Sprüche 27,2


Der Weinstock ist ein Bild für die Bewohner Jerusalems (V.6). Das Holz des Weinstocks ist für fast nichts zu gebrauchen: weder zur Arbeit, noch als Pflock, noch um etwas daran aufzuhängen (V.3). Es ist nur für einen Zweck geschaffen worden: um Frucht hervorzubringen! Wenn es diesem Zweck nicht nachkommt, kann man es nur noch verbrennen (V.4). Auch die Stadt Jerusalem war dazu bestimmt und auserwählt worden, Frucht für Gott zu bringen. Dort stand der Salomonische Tempel. In ganz Israel gab es nur einen Tempel, als Zeugnis dafür, dass es nur einen Gott gibt. Da Jerusalem seiner Zeugnisfunktion nicht nachgekommen war, blieb ihr nur eins übrig: verbrannt zu werden (V.4). Die Babylonier taten dies sehr gründlich (2.Kön 25,9). Bei Ausgrabungen hat man sogar noch die Brandspuren dieser Zerstörung gefunden (außerdem die Pfeilspitzen der babylonischen Krieger).

Vers 4 beschreibt, dass das Gericht über Jerusalem in „Etappen“ kommen würde: erst die beiden Enden, dann die Mitte. Das entspricht der Tatsache, dass Jerusalem bereits 605 und 597 v.Chr. von den Babyloniern belagert und viele Menschen in die Gefangenschaft gebracht wurden.

In Joh 15,1-8 bezeichnet Jesus sich als der wahre Weinstock. Die Hinzufügung „wahr“ zeigt, dass es noch einen anderen Weinstock gab – den in Hes 15 beschriebenen. Im Gegensatz zu den Bewohnern Jerusalems kam er seinem Auftrag nach und brachte sehr viel Frucht. Jesus ist der Weinstock, und alle, die an ihn glauben bzw. ihm als Jünger folgen, sind Reben. In Joh 15,6 wird davon gesprochen, dass Reben, die nicht in Jesus bleiben und daher keine Frucht bringen, ins Feuer geworfen und verbrannt werden und damit ein ähnliches Schicksal erleiden wie die Stadt Jerusalem (Hes 15,4.6). Dabei handelt es sich allerdings nicht um wiedergeborene Christen, sondern lediglich um Namenschristen ähnlich wie Judas (was u.a. durch das „jemand“ in Joh 15,6 im Gegensatz zu dem „ihr“ in Joh 15,3-5.7 deutlich wird).

Interessant ist, dass in Ps 80 (wie in Hes 15) beschrieben wird, dass der Weinstock Israel, der „Sohn“ (vgl. 2.Mo 4,22), mit Feuer verbrannt wird. Anschließend wird (entsprechend Joh 15) über den Menschensohn gesprochen, über den Mann der Rechten Gottes – Bezeichnungen, die auf Jesus Christus hindeuten. Jesus selbst hat sich oft mit dem Titel Menschensohn bezeichnet. Und er ist der „Mann der Rechten Gottes“ (Ps 110,1; Mk 12,36; 16,19; Röm 8,34).

[...] Und suche diesen Weinstock heim! Und der Setzling, den deine Rechte gepflanzt hat, den Sohn, den du dir hast stark werden lassen. Er ist mit Feuer verbrannt, er ist abgehauen. [...] Deine Hand sei über dem Mann deiner Rechten, über dem Menschensohn, den du dir hast stark werden lassen. So werden wir nicht von dir abweichen. (Ps 80,15-19)


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