2.Chronik 35,18-19

Okt 29

Heutige Bibellese:

2.Chronik 35,1-36,23 / Hebräer 9,13-28 / Psalm 100,1-5 / Sprüche 26,18-19


Unter Josia gab es eine Rückkehr zum Wort Gottes und damit verbunden eine Erweckung. In seinem achtzehnten Regierungsjahr (d.h. in dem Jahr, in dem auch das Gesetz gefunden worden war; V.19; 34,8.15), feierte er das Passah. Es war das größte Passah in der Geschichte Israels seit der Zeit Samuels (V.18). Und es war das letzte große Passah Judas vor der Gefangenschaft (jedenfalls berichtet die Bibel von keinem weiteren und die Nachfolger Josias waren keine gottesfürchtigen Könige). Selbst in einer Zeit, wo das Ende nahe war (was unserer Situation entspricht), kann der Herr noch geistliche Aufbrüche schenken. Die geschlachteten Passahlämmer sind ein Bild für den getöteten Christus:

[...] Denn auch unser Passahlamm, Christus, ist geschlachtet. (1.Kor 5,7)

Daran erinnern wir uns im Abendmahl, das sozusagen das neutestamentliche Gegenstück zum Passahfest ist. Wie das Passahfest in der Geschichte Israels, so ist auch das Abendmahl (Brotbrechen) in der Kirchengeschichte immer wieder in Vergessenheit geraten. In der Anfangszeit wurde es täglich gefeiert (Apg 2,46). Bald wurde es nur noch wöchentlich (am ersten Tag der Woche, dem Auferstehungstag des Herrn) gefeiert (Apg 20,6-7; 21,4). Große Veränderungen für die Abendmahlspraxis brachte das vierte lateranische Konzil 1215, bei dem endgültig festgestellt wurde, dass die sakramentalen Elemente des Abendmahls, das Brot und der Wein, sich in den Leib und das Blut Christi verwandeln, sobald der diensttuende Priester die Weihungsworte ausspreche (Lehre der Transsubstantiation). Das hatte zur Folge, dass man sagte, dass der geheiligte Wein in der Gefahr stünde, entweiht zu werden, wenn der Bart in ihn hineintauche oder durch Kranke, die nicht fähig wären, ihn hinunterzuschlucken oder wenn Kinder ihn möglicherweise verschütten würden. Aus diesem Grund schaffte man die Kinderkommunion ab und reichte den Kelch nicht mehr an Laien und Kranke. (Was angesichts der Seuchen des Mittelalters vielleicht auch eine Gnade Gottes war.) Der Brauch, das Abendmahl nicht mehr in beiderlei Gestalten (Brot und Wein) auszuteilen, wird z.T. noch heute in der katholischen Kirche praktiziert.

Die Lehre der Transsubstantiation führte auch dazu, dass man begann, dem geweihten Brot göttliche Verehrung zu erweisen. Wenn der Priester bei einem bestimmten Punkt der Messe die Hostie (d.h. die geweihte Oblate) erhebt, fällt die ganze Menge vor ihr zur Anbetung auf die Kniee nieder. Und wenn die Hostie bei gewissen Anlässen in einem prachtvollen Behälter in feierlichen Prozessionen durch die Straßen getragen wird, knieen ebenfalls alle, die ihr begegnen, zum Zeichen der Anbetung nieder.

Durch die vielen Namenschristen in der Kirche nahm auch die Regelmäßigkeit der Abendmahlsbesuche ab. Mindestens einmal im Jahr war die Teilnahme an Beichte und Abendmahl aber Pflicht, was zu großem Andrang bei der Osterkommunion führte.

Auch in heutiger Zeit ist das Abendmahl, selbst unter wiedergeborenen Christen, die am wenigsten geachtete und besuchte „christliche Veranstaltung“. Sie ist das Element, mit dem die meisten am wenigsten „anfangen“ können (selbst unter denjenigen, denen die theologische Bedeutung und Wichtigkeit klar ist). Das Passahfest Josias ist in diesem Sinne ein großer Trost. Aber selbst wenn wir (ähnlich Josia) der Endzeit nahe sind, so ist es doch möglich, zum Gebot des Herrn zurückzukehren und das Gedächtnismahl in der von ihm eingesetzten Weise würdig zu feiern (1.Kor 11,24-26) – wie „nie zuvor“ (vgl. V.18).


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