Apostelgeschichte 25

Sept 28

Heutige Bibellese:

Klagelieder 3,1-66 / Apostelgeschichte 25,1-27 / Psalm 72,1-20 / Sprüche 24,13-14


Festus war durch die Berufung des Paulus auf den Kaiser (V.11) in einen Erklärungsnotstand geraten. Er konnte kaum einen Gefangenen nach Rom senden, ohne auch die gegen ihn vorliegende Beschuldigung mitzuteilen. Doch das war eine heikle Angelegenheit. Wenn Paulus wirklich staatsgefährdend war, dann durfte er dessen Fall nicht als harmlos darstellen; sonst würde er unter den Verdacht geraten, mit ihm unter einer Decke zu stecken! Wenn er andererseits wirklich völlig harmlos oder sogar unschuldig war, dann wäre es unangemessen, ihn überhaupt nach Rom zu senden. Deshalb war es für Festus ein sehr glücklicher Umstand, dass Agrippa II. so bald zu Besuch kam und er ihm den Gefangenen vorführen konnte.

Doch auch Paulus war darüber nicht unglücklich, zumal er mit Agrippa ein Gegenüber hatte, der sich (im Gegensatz zu Festus) mit den jüdischen Gebräuchen und Gepflogenheiten auskannte (26,2-3). Darüber hinaus war das Zusammentreffen auch für die ganze jüdische Christenheit sehr nützlich. Denn in dieser Rede vor Agrippa musste Paulus sich nicht mit den (falschen) Anschuldigungen der Juden auseinandersetzen, sondern konnte ihm klar die Ziele und Kernpunkte des Christentums darlegen (die Hoffnung auf die Totenauferstehung, Buße, Bekehrung und „der Buße würdige Werke“). Zwar ist nicht bekannt, dass Agrippa sich aufgrund der Rede des Paulus bekehrt hat. Aber immerhin war er bereit, die Judenchristen, die während des 1. Jüdischen Krieges (66-70 n.Chr.) flohen, in Pella, das zu seinem Herrschaftsgebiet gehörte, aufzunehmen!

Die Leute, mit denen Paulus sich während seiner Gefangenschaft auseinandersetzen musste, waren alles andere als Vorbilder. Der Hohepriester Hananias war ein korrupter und moralisch fragwürdiger Mensch, über den selbst in der rabbinischen Literatur sehr negativ gesprochen wird. Auch Felix war ein skandalöser Mann; seine Ehe mit Drusilla war bereits die dritte! Festus war ein Heide, der vom Juden- und Christentum nichts verstand. Agrippa war dagegen ein „Experte“, doch in moralischer Hinsicht ebenfalls alles andere als ein Vorbild. Mit Bernike, seiner Schwester, lebte er unverheiratet in Blutschande zusammen. Vor allen diesen musste Paulus sich verantworten – und konnte von seinem Glauben zeugen. Wir sind nicht von der Welt (Joh 17,16), aber wir leben in der Welt und sind ebenfalls dazu aufgefordert, vor ihr von Gott und unserer Hoffnung Zeugnis zu geben!


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