Richter 11,28-40
Heutige Bibellese:
Richter 11,28-13,25 / Johannes 7,1-30 / Psalm 109,1-31 / Sprüche 14,32-33
Jeftahs Gelübde wirft viele Fragen auf – und es hat dem Heiligen Geist gefallen, uns nicht genauer zu schildern, was wirklich geschehen ist.
Der Geist des HERRN war bereits über Jeftah gekommen (V.29), Gott hatte sich ihm also zugewandt. Deshalb war ein Eid, mit dem er sich die Gunst Gottes hatte sichern wollen, absolut überflüssig. Als gutem Kenner der Geschichte Israels und der Gesetze Gottes (vgl. 11,12-27) muss ihm sowohl bewusst gewesen sein, dass alle Richter vor ihm ohne Gelübde siegreich waren, als auch, dass vor Gott abgelegte Gelübde bindend waren und nicht unüberlegt gesprochen werden sollten (4.Mo 30,3; 5.Mo 23,22). Ferner ist fraglich, was er sich bei seinem Gelübde gedacht hat. Er konnte doch kaum erwarten, dass ein Schaf aus seiner Haustür kommen würde (V.31).
Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der Eid Jeftahs zu verstehen ist. Einige werten das Entsetzen und die Trauer Jeftahs als Beweis dafür, dass seine Tochter getötet wurde (V.35) und begründen die ungenaue Berichterstattung mit der Schändlichkeit dieser Tat.
Andere argumentieren, dass sie „lediglich“ völlig dem Herrn geweiht wurde („dem HERRN gehören“; V.31, ein Ausdruck, der bei Tier-Brandopfern, die geschlachtet wurden, nicht vorkommt). Diese Weihe beinhaltete ewige Jungfrauschaft, aber noch mehr. Es gab durchaus auch Frauen, die dem HERRN dienten (2.Mo 38,8; 1.Sam 2,22; Lk 2,37). Jeftahs Trauer (V.35) ist auch in diesem Fall verständlich, weil sein Name dadurch „abgeschnitten“ worden wäre (4.Mo 27,4). Er hatte nur eine Tochter und hätte durch deren Jungfrauschaft keine Nachkommen bekommen können.
Doch der Hinweis in V.39, dass Jeftah sein Gelübde an ihr vollzog, deutet doch eher darauf hin, dass er sie opferte. Jeftah hätte wissen sollen, dass Menschenopfer verboten waren (5.Mo 12,31). Doch scheinbar war Israel so sehr in den heidnischen Götzendienst verstrickt (bei dem auch Menschen, insbesondere Kinder, geopfert wurden), dass Jeftah gar keine Gewissensbisse bekam und nicht merkte, dass er gegen Gottes Gebote verstieß.
Bemerkenswert ist allerdings, mit welcher Treue Jeftah sein schreckliches Gelübde erfüllte. Und vor allem: wie widerspruchslos und mit welcher Hingabe seine Tochter bereit war, den unüberlegten Eid ihres Vaters zu erfüllen (V.36), d.h. für seinen „Leichtsinn“ gerade zu stehen.