Johannes 18

Mai 29

Heutige Bibellese:

1.Samuel 20,1-21,16 / Johannes 18,1-27 / Psalm 119,97-112 / Sprüche 16,1-3


Nach altkirchlicher Überlieferung wurde das Johannesevangelium um 90 oder 95 n. Chr. verfasst. Die anderen Evangelien wurden deutlich früher geschrieben, vor 70 n. Chr. und damit vor der Zerstörung des Tempels – einem für die jüdische Geschichte sehr einschneidenden Ereignis. Damit wurde die jüdische Religion „offiziell“ beiseite gesetzt; der für das Judentum zentrale Opferdienst endete.

Der Schreiber des Hebräerbriefes bereitete die gläubigen Juden auf dieses Ereignis vor, indem er darauf hinwies, dass sie erstens hier keine bleibende Stadt hätten und sie zweitens wie Jesus (der außerhalb Jerusalems gekreuzigt wurde) keinen Platz mehr im Judentum hätten und das Judentum verlassen sollten (Hebr 13,12-14).

Die synoptischen Evangelien, die ja vor der Tempelzerstörung geschrieben wurden, betonen die Verantwortung der Juden an diesem Ereignis und erwähnen angesichts der immer deutlicher werdenden Verwerfung Jesu auch die deswegen zu erwartenden Veränderungen (Mt 21,33-46; Mk 12,1-12; Lk 20,9-19). Außerdem wird in diesen Evangelien die Zerstörung des Tempels vorhergesagt (Mt 22,7; 23,38; 24,1-2; Mk 13,1-2; Lk 19,41-44; 21,5-6.20-24). Johannes, der sein Evangelium erst nach der Erfüllung dieser Prophetie schrieb, wiederholt diese Ankündigungen nicht.

Die Zerstörung des Tempels war das Resultat der Tatsache, dass für den Herrn Jesus unter moralisch verdorbenen Juden kein Platz war. Und genau darauf liegt die Betonung im Johannesevangelium (vgl. 1,11). Selbst die Feste waren zum Selbstzweck geworden und von Gott losgelöst. Im AT werden sie „Feste des HERRN“ (3.Mo 23) genannt – bei Johannes heißen sie Feste der Juden – für Gott gab es keinen Platz mehr (2,13; 5,1; 7,2).


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