Daniel 7,1-8.17

Nov 30

Heutige Bibellese:

Daniel 7,1-28 / 1.Johannes 2,18-3,6 / Psalm 119,161-176 / Sprüche 28,19-20


Im ersten Jahr König Belsazars (549 v.Chr.; vgl. 5,1) hatte Daniel, der dem babylonischen König zwei Träume gedeutet hatte (Kap.2+4), selbst einen bedeutungsvollen Traum. Die vier Tiere entsprechen den vier Teilen des Standbildes, das Nebukadnezar in seinem ersten Traum gesehen hatte – allerdings mit einer Akzentverschiebung. In Dan 2 werden die vier Weltreiche aus menschlicher Sicht gesehen. Ihre Herrlichkeit wird beschrieben (Metall) und ihre Aufgabe genannt: die Herrschaft Gottes auf der Erde zu repräsentieren. (Das entspricht übrigens auch dem Auftrag des Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist, um etwas von dessen Herrlichkeit widerzuspiegeln und über die Erde zu herrschen; vgl. 1.Mo 1,27-28.)

Das Meer, aus dem Daniel die Tiere aufsteigen sah, ist in der Bibel ein Bild für die unruhigen, politisch und sozial bewegten Völkermassen (Jes 17,12-13; Ps 65,8; Off 17,15). Aus der Mitte dieser heidnischen Völker sah Daniel vier wilde Tiere aufsteigen, die vier große Weltreiche repräsentieren (V.17).

Das erste Tier war wie ein Löwe mit Adlerflügeln (V.4). Nebukadnezar wird in der Bibel öfter mit einem Löwen und einem Adler verglichen (z.B. Jer 4,7; 49,19.22; Hes 17,3). Hier wird das babylonische Reich mit der Kraft eines Löwen und der Schnelligkeit eines Adlers verglichen. Das Ausreißen der Flügel (Verlust der Schnelligkeit) und Verleihen eines Menschenherzens deutet einen plötzlichen Wendepunkt an (V.4). Das für Mensch benutzte Wort änasch betont die Schwachheit des Menschen. Das Babylonische Reich, vor dessen Stärke sich einst die ganze Welt fürchtete, fürchtet sich nun selbst vor einer stärkeren Nation. Im Jahr 539 v.Chr. wurde das Babylonische Reich von den Medopersern, dem zweiten Tier,  eingenommen. (Man kann das Ausreißen des menschlichen Herzens auch auf Nebukadnezars Wahnsinn beziehen; vgl. Kap. 4.)

Das Medopersische Reich glich einem Bären; es war viel schwerfälliger als sein Vorgänger. Es war ein Doppelreich, doch die eine Seite, die persische, war stärker. Die drei Rippen in seinem Maul versinnbildlichen den Eroberungsdrang des Reiches: es verschlang die Länder so gierig wie ein Raubtier seine Beute.

Der Leopard steht für das Griechische Weltreich. Alexander der Große eroberte mit außergewöhnlicher Schnelligkeit (Leopard; vier Flügel) in nur gut 10 Jahren sein Reich, das vom Ägäischen Meer bis zum Indus und vom Schwarzen Meer bis zum Nil reichte („Herrschaft wurde ihm gegeben“; V.6). Die vier Köpfe stehen für das, was nach Alexanders unerwartet frühem Tod eintrat: Seine Generäle stritten sich um die Nachfolge, was dazu führte, dass das Reich in vier Teile zerbrach. Die sogenannten vier Diadochenreiche wurden von Ptolemäus, Seleukus, Kassander und Lysimachus regiert.

Das vierte furchtbare und außergewöhnliche Tier, das sich von den vorigen sowie allen bekannten Tieren unterscheidet (denn es wird mit keinem verglichen; V.7), steht für das Römische Reich, das mit brutaler Gewalt vorging und alles vernichtete, was sich seiner Herrschaft widersetzte. Die zehn Hörner erinnern an die zehn Zehen des Standbildes in Kap. 2. Sie weisen auf eine zukünftige Form des Reiches hin. In Off 17,8 wird nämlich von einem Tier (das ebenfalls das Römische Reich darstellt, vgl. Off 17,12) gesagt, dass das Tier war, nicht ist und wieder aus dem Abgrund heraufsteigen wird. Das Römische Reich wird noch einmal zu Macht kommen und das Weltreich der Endzeit sein!


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