Haggai 2,5

Dez 07

Heutige Bibellese:

Haggai 1,1-2,23 / Offenbarung 1,1-8 / Psalm 126,1-6 / Sprüche 29,2-4


In Vers 5 wird verheißen, dass Gottes Wort in der Mitte Israels bestehen bleiben würde. Das geschah durch die Aufbewahrung der Bibel (AT) im Tempel. Neben der Bibel durften nur ganz bestimmte Schriften (z.B. levitische und priesterliche Geschlechtsregister) im Tempel aufbewahrt werden. Andere Bücher durften gar nicht auf den Tempelberg mitgenommen werden. Die talmudische Überlieferung erwähnt eine Thorarolle, die sich dort befunden hat, die „das Buch Esra“ genannt wird, weil diese Kopie des mosaischen Gesetzes dem Schriftgelehrten und Priester Esra zugeschrieben wird. Außerdem bezeugen rabbinische Quellen, dass nicht nur das Gesetz, sondern alle kanonischen Bücher des AT im Tempel aufbewahrt wurden. Damit der Zentraltext, der im Tempel aufbewahrt wurde, nicht durch Abschreibefehler verfälscht wurde, bezahlte man aus dem Tempelschatz maggihim (Korrektoren bzw. Revisoren), deren Aufgabe es war, die Genauigkeit beim Abschreiben zu überwachen. Der Tempel spielte folglich in der Überlieferung und Bewahrung der Bibel eine äußerst wichtige Rolle. Im Tempel wurde der beste Bibeltext aufbewahrt.

Der sogenannte masoretische Text des AT, der aus dem Mittelalter stammt und durch Tausende von Handschriften erhalten ist, geht auf den „Jerusalemer Zentraltext“ (den vormasoretischen Text) zurück. Forschungen haben ergeben, dass der Text eine alte Rechtschreibung bewahrt hat, die man dem 6./5. Jh. v.Chr. zuordnen kann, d.h. der Zeit der letzten Schriftpropheten des AT. Sie waren die letzten, die unter Inspiration des Heiligen Geistes die Vollmacht besaßen, die Orthographie des AT zu bearbeiten.

Die Handschriftenfunde von Qumran lassen sich im Wesentlichen vier Texttypen zuordnen: dem vormasoretischen Text, dem freien, orthographisch modernisierten Texttyp, dem samaritanischen Texttyp und dem Text der Septuaginta. Als die Leute von Qumran sich vom offiziellen Judentum absonderten und in die Wüste zogen, nahmen sie die Rollen mit, die sie bekommen konnten und sammelten auch später, was ihnen irgendwie zugänglich war. Da sie keinen Zugang zum Zentraltext in Jerusalem mehr hatten, gab es ein Nebeneinander verschiedener Überlieferungstraditionen. Auch der Text der Samariter, die religiös strikt vom Judentum getrennt waren (vgl. Joh 4,9.20.22), erreichte aufgrund fehlenden Zugangs zum Tempel nicht die Qualität des masoretischen Textes.

Interessant war der Fund einer Reihe von Fragmenten der fünf Bücher Mose, die auf die Zeit vor 66 n.Chr. datiert werden, d.h. auf die Endzeit des zweiten Tempels. (Die Schriften wurden zusammen mit anderen Rollen während der zweiten Revolte gegen die Römer, 132-135 n.Chr., versteckt.) Die Fragmente stimmen in jedem Buchstaben mit dem masoretischen Text des AT überein; es gibt nicht einmal Abweichungen in der Rechtschreibung. Diese Übereinstimmung ist (angesichts der Textvielfalt, die man in Qumran gefunden hat) verblüffend, lässt sich aber dadurch erklären, dass es sich um Texte aus dem offiziellen Judentum handelt, die vom Zentraltext abhingen. Die Masoreten des Mittelalters haben uns also den besten Text, den Zentraltext, überliefert. Dieser Text ist die Grundlage aller Bibelübersetzungen des AT in reformatorischer Tradition.

Auch wir sind Gottes Tempel (sowohl persönlich als auch als Ortsgemeinde; 1.Kor 3,16; 6,19). Verherrlichen wir diesen Tempel dadurch, dass Gottes Wort in uns ist (bzw. in unserer Mitte, wenn wir an die Ortsgemeinde denken)?


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