Micha 7
Heutige Bibellese:
Micha 5,1-7,20 / 2.Korinther 11,1-15 / Psalm 40,1-18 / Sprüche 21,30-31
In diesem Kapitel ist der Prophet selbst der Sprechende (vgl. z.B. V.7), der typologisch auch als Vertreter des Überrests während der Drangsalszeit spricht. In V.1-6 bekennt er die Wahrheit der Anklage des HERRN (6,9-16). Vers 6 wird von dem HERRN Jesus zitiert (Mt 10,21 und Mk 13,12; wobei insbesondere die letzte Stelle eindeutig in Verbindung mit der Endzeit steht).
Die in V.8 erwähnte Feindin ist die assyrische Großmacht, die wiederum ein Typus des endzeitlichen Assyriens bzw. aller antisemitischen Weltmächte ist. Doch die Gnadengaben und Berufungen Gottes sind unbereubar (Röm 11,29). Deshalb kann Israel nur vorübergehend fallen und in Finsternis sein. Aber am Ende des Zeitalters wird das Licht der Herrlichkeit des HERRN über Israel aufstrahlen und seine Finsternis vertreiben (Jes 60,1)! Noch muss Israel das Zürnen Gottes ertragen (V.9), doch wenn Israel wiederhergestellt sein wird, werden seine Feinde es voll Beschämung sehen (V.10). Dann wird die Schranke fern sein (d.h. wohl die Schranke zwischen Juden und Heiden; Fußnote zu V.11), da das Gesetz aufgehoben wird und dem neuen Bund weichen muss (vgl. Eph 2,14-15; Jer 31,31-34). Deshalb werden die Nationen aus aller Welt zu Israel kommen (V.12; Jes 60,3-10).
Die letzten Verse (V.18-20) sind an Schönheit kaum zu übertreffen. Gott hat Gefallen an Gnade – eine Aussage, die auch uns immer wieder Trost gibt, wenn wir über unser häufiges Versagen betrübt sind! Die gleiche Treue und Gnade, die Gott Abraham und Jakob gegenüber bewies, gilt auch uns. Wir sind oft untreu, aber Gott bleibt treu (2.Tim 2,13) und wird alle seine Verheißungen erfüllen.
„Wer ist ein Gott wie du?“ (V.18) ist eine Anspielung auf den Namen des Propheten, der bedeutet „Wer ist wie der HERR?“
Die Verse 18-20 werden jedes Jahr am Großen Versöhnungstag in der Synagoge gelesen. Orthodoxe Juden gehen dann an einen Strom oder ein fließendes Wasser und leeren symbolisch ihre Taschen (die darin „gesammelten“ Sünden) ins Wasser aus und wiederholen dabei die drei Verse. Wie das Wasser die Papierschnipsel und andere Dinge ins Meer befördert, so wirft Gott die Sünden in die Tiefe des Meeres (V.19)! Diese Handlung nennt man „Taschlich-Ritus“. Der Begriff leitet sich von dem hebräischen Wort für „du wirst werfen“ ab. Zwar handelt es sich nur um eine äußere Handlung, aber sie zeigt, dass es in Israel noch Glauben gibt und man noch mit der Erfüllung der Prophetie rechnet!