Hesekiel 18

Nov 08

Heutige Bibellese:

Hesekiel 18,1-19,14 / 1.Petrus 1,14-2,10 / Psalm 107,1-43 / Sprüche 27,4-6


Die Klage aus Vers 2 könnte auch aus unserer Zeit stammen. Die Väter essen unreife (saure) Trauben und die Zähne der Söhne werden stumpf, d.h. die Väter sündigen und die Kinder müssen die Folgen davon tragen. Das entspricht dem gegenwärtigen Trend in der Psychologie und auch in unserer Gesellschaft, die Ursachen für das Fehlverhalten einer Person bei den Eltern, dem Umfeld, Kindheitserlebnissen, den äußeren Umständen usw. zu suchen. Schuld sind immer die anderen!

Doch Gott sieht die Sache anders. Vor ihm muss jeder für sein eigenes Fehlverhalten gerade stehen: „Die Seele, die sündigt, sie allein soll sterben“ (V.4)! Aus diesem Vers darf man allerdings nicht schlussfolgern, dass die „Seele“ sterblich wäre. Es ist so, dass Wörter verschiedene Bedeutungen besitzen. Das gilt für alle Sprachen. Wäre das nicht so, müssten wir etwa 50.000 bis 60.000 Wörter kennen, um uns verständigen zu können. Der normale Mensch bringt es dagegen auf nur gut 9.000 Wörter im aktiven Gebrauch. Dass das Wort Seele auch für den ganzen Menschen als körperliche Person benutzt wird, zeigt am deutlichsten Ps 105,18:

Sie zwängten seine [Josefs] Füße in Fesseln, in Eisen kam sein Hals [wörtlich im Hebräischen: Seele; Luther übersetzt Leib] (Ps 105,18)

Es ist natürlich klar, dass das, was wir unter Seele verstehen, hier nicht gemeint sein kann; schließlich kann man eine Seele nicht wie Füße in Fesseln legen! Dass die Seele unsterblich ist, zeigen auch andere Bibelstellen, z.B. die Geschichte von Lazarus und dem reichen Mann, die nach dem leiblichen Tod beide bei vollem Bewusstsein sind (Lk 16,19-31) oder auch die Tatsache, dass in Off 6,9-10 die Seelen der Märtyrer noch lebendig sind und sprechen.

Die Behauptung, dass die Kinder für die Sünden der Väter büßen müssen, könnte eine Fehlinterpretation von 2.Mo 20,5-6 sein. Dort steht, dass der HERR die Sünden der Väter an den Kindern bis in die vierte Generation heimsuchen wird – allerdings nur bei denen, die ihn hassen. Diesen wichtigen Zusatz darf man nicht überlesen. Wer Gott liebt, muss nicht unter den Sünden seiner Vorfahren leiden! Auch das steht ausdrücklich im Gesetz für Israel:

Nicht sollen Väter um der Söhne willen getötet werden und Söhne sollen nicht um der Väter willen getötet werden; sie sollen jeder für seine eigene Sünde getötet werden. (5.Mo 24,16)

Für die verschiedenen möglichen Konstellationen findet man in den Büchern der Könige viele Beispiele. Gottlose Könige hatten fromme Söhne (Ahas – Hiskia; Amon – Josia). Und gottesfürchtige Könige hatten gottlose Söhne (David – Absalom; Hiskia – Manasse; Josia – Joahas und Jojakim; V.20). Ein Beispiel für V.21-22 ist König Josia. Er wurde mit 8 Jahren König und fing mit 16 Jahren an, den HERRN zu suchen und zu lieben. Auch der Fall, dass ein Gerechter umkehrt und sich der Sünde hingibt, wird erwähnt. Das ereignete sich im Leben Salomos, der sich am Ende zum Götzendienst verleiten ließ. Der HERR strafte solche Untreue, und das kann auch bei Christen geschehen. Doch das heißt nicht, dass man deswegen das ewige Leben verliert! Im Gegenteil: Wenn Gott uns züchtigt, dann gerade deshalb, damit wir nicht wie die Welt ewiglich verurteilt werden (1.Kor 11,32).


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