Amos 3

Juli 19

Heutige Bibellese:

2.Könige 14,26-29 / Amos 1,1-3,15 / 1.Korinther 1,18-2,5 / Psalm 16,1-11 / Sprüche 19,17


Nach den Gerichtsankündigungen für Israel (Hauptanklagepunkt: soziale Ungerechtigkeit), Juda und die umliegenden Städte bzw. Nationen (Kap. 1-2) folgen fünf weitere Reden, die jeweils mit „Hört dieses Wort!“ (3,1; 4,1; 5,1) bzw. „Wehe“ (5,18; 6,1) eingeleitet werden. In den letzten drei Kapiteln beschreibt Amos fünf Visionen, die der HERR ihm zeigte (7,1-3.4-5.6-9; 8; 9).

Vers 3,1 richtet sich nicht nur an das Nordreich, sondern an alle zwölf Stämme, an das ganze Geschlecht, das der HERR aus Ägypten herausgeführt hatte. Nur sie hatte der HERR auserwählt und für sich bestimmt. Er hatte sie gerettet, mit ihnen hatte er einen Bund geschlossen, ihnen hatte er das Gesetz, den Gottesdienst und große Verheißungen gegeben (Röm 9,4). Das war eine große Ehre, die mit einer hohen Verantwortung einherging:

[...] Jedem aber, dem viel gegeben ist - viel wird von ihm verlangt werden; und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man desto mehr fordern. (Lk 12,48)

Weil Israel den Forderungen nicht entsprach, würde der HERR die Sünden an seinem Volk heimsuchen (V.2). Die folgenden sieben Fragen weisen alle einen Ursache-Wirkung-Zusammenhang auf. Bestimmte Ereignisse haben eine konkrete Ursache; oder andersherum: bestimmte Ereignisse ziehen vorhersehbare Konsequenzen nach sich. Und genau das ist der Grund für das Gericht: Weil Israel eine besondere Stellung innehatte, war auch das Gericht unvermeidbar.

Bei der letzten Frage in V.6 muss man beachten, in welchem Zusammenhang sie steht. Israel hatte mit dem HERRN am Sinai einen Bund geschlossen und sich damit auf ein Zusammengehen geeinigt (V.3). Aber weil sie vom vereinbarten Weg abgewichen waren, mussten nun die Gerichte folgen. Der HERR brüllte wie ein Löwe, weil er sich seiner Beute (Israel) sicher war (V.4; 1,2). Das Klappnetz war aufgestellt und stand kurz vor dem Zuschnellen. Das Horn wurde geblasen; Israel hatte allen Grund sich zu erschrecken (V.6). Wenn jetzt das Unglück hereinbrach, dann war klar, dass dies vom HERRN kam – denn die Konsequenzen, die Israels Ungehorsam haben würde, waren schon durch Mose angekündigt worden und wurden auch jetzt wieder durch die Propheten (Amos, Jona, Micha, Jesaja) verkündigt (V.7). Deshalb kann man aus V.6 nicht ableiten, dass jedes Unglück, das auf der Erde geschieht, vom HERRN gewirkt (und möglicherweise sogar gewollt!) sei. Die meisten Unglücke werden durch Menschen bewirkt. Und auch der Satan ist Urheber manchen Leids, besonders bei Glaubenden (vgl. Hiob). Andererseits kann nichts geschehen, ohne das Gott es zulässt. Nur in diesem Sinne kann man sagen, dass Gott alles wirkt und somit auch das Unglück (Jes 45,7). Folglich ist auch in unserem Leben nicht jedes Unglück eine Strafe Gottes – obwohl man sich andererseits natürlich schon fragen sollte, ob Gott durch das erlebte Unglück zu einem reden möchte. Denn wenn Gott Unglücke schickt, dann nur mit dem Ziel, die Menschen (wieder) auf sich aufmerksam zu machen und auf den guten („vereinbarten“) Weg (zurück) zu bringen.

Vers 12 erinnert daran, dass der Hirte, wenn ein Raubtier ein Schaf verschlang, dem Besitzer ein Beweisstück mitbringen musste. Deshalb versuchte er, dem Löwen wenigstens einen Schenkel oder Ohrzipfel des Tieres zu entreißen. Mehr wird auch von Israel nicht übrigbleiben, wenn der Löwe (die heidnische Macht) Israels Verbrechen heimsuchen würde.


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