Ester 4

Dez 19

Heutige Bibellese:

Ester 4,1-7,10 / Offenbarung 11,1-19 / Psalm 138,1-8 / Sprüche 30,5-6


Nachdem Mordechai von dem Vernichtungsplan Hamans gehört hatte, zerriss er seine Kleider und kleidete sich in Sack und Asche, einem äußeren Ausdruck tiefster Trauer. Bei den Persern wurde das Sacktuch als Zeichen der Totenklage benutzt. Deshalb wurde der Träger des Sacktuchs als unrein betrachtet und durfte nicht ins Tor des Königs kommen, denn der Palast galt als heiliger, reiner Ort. Mordechai musste folglich außerhalb der Palastmauern bleiben. Mit ihm trauerten alle Juden, die die Nachricht, die Haman im Namen des Königs versandt hatte, hörten, mit Fasten, Weinen und Wehklagen sowie Sack und Asche (V.1-3).

Nur Ester, die im Palast lebte, wusste nichts von dem Erlass. Durch ihre Dienerinnen hielt sie Kontakt zu ihrem Pflegevater Mordechai. Als sie erfuhr, dass er nicht im Tor war, sondern außerhalb des Palastes trauerte und weinte, sandte sie ihm Kleider (in der Annahme, jemand aus seiner Familie sei gestorben). Bei den Persern war es nämlich Sitte, dass die nächsten Verwandten dem Klagenden neue Kleider schickten, die er anstelle des Sacktuches anziehen sollte. Die Juden scheinen einige der persischen Bräuche übernommen zu haben. Doch Mordechai weigerte sich, die Kleider anzunehmen, weil er ja nicht um einen Toten trauerte (V.4)! Ester war irritiert und sandte einen königlichen Hofbeamten, durch den sie die Ursache für Mordechais Trauer erfuhr (V.5). Mordechai wünschte, dass sie zum König ginge, um für ihr Volk um Gnade zu flehen (V.8). Das war für Ester mit einem hohen Risiko verbunden und hätte ihr Leben kosten können (V.9-11). Doch Mordechai ließ nicht locker, sondern ermahnte Ester, dass Gott von einem anderen Ort her Rettung schenken würde, wenn sie nicht bereit wäre, das zu tun. (Mordechai war überzeugt, dass das Volk der Juden nicht vernichtet werden kann!) War Ester nicht vielleicht genau deshalb Königin geworden, um das Volk retten zu können (V.14)?

Gott ist nicht auf uns angewiesen, um seine Ziele zu erreichen – er kann notfalls auch Steine zum Reden bringen (Lk 19,40). Aber wir schaden uns selbst, wenn wir nicht bereit sind, uns zu dem gebrauchen zu lassen, wozu er uns berufen hat. Gott zu dienen kann wie bei Ester mit hohen Risiken verbunden sein, doch es lohnt sich: Gehorsam und Vertrauen führen zum Segen; der Herr verspricht Lohn für die Mühe (1.Kor 15,58).

Das Weinen und die Wehklage der Juden ist ein prophetisches Bild für die Umkehr des jüdischen Überrestes zu Gott am Ende des Zeitalters:

Doch auch jetzt, spricht der HERR, kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen und mit Fasten und mit Weinen und mit Klagen! (Joel 2,12)

Der Überrest wird endlich erkennen, dass Gottes Todesproklamation wahr ist (Röm 6,23) und das Volk wegen seiner Sünde unter dem Fluch Gottes steht (Gal 3,10). Sie werden es glauben, ihre Trauer durch Fasten ausdrücken und zu Gott umkehren. Danach wird die Rettung kommen, die von Joel vorhergesagt und im Buch Ester vorgeschattet ist. Mordechais Glaube und Esters mutiger Entschluss sind ein Bild für den Glauben und das Gottvertrauen, den der fromme jüdische Überrest in der Drangsalszeit haben wird. Wie Ester, so wird auch der Überrest aus der Bedrängnis gerettet werden (Jer 30,7). Ester selbst ist ein schwaches Bild für den Herrn Jesus, der nicht nur bereit war, für sein Volk zu sterben, sondern auch tatsächlich für es (und alle Menschen) ans Kreuz ging (Joh 11,50; 12,27).


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