Klagelieder 5

Sept 29

Heutige Bibellese:

Klagelieder 4,1-5,22 / Apostelgeschichte 26,1-32 / Psalm 73,1-28 / Sprüche 24,15-16


Die Kapitel 1-3 enden jeweils mit einem Gebet zu Gott (1,20-22; 2,20-22; 3,55-66). Das 4. Kapitel enthält dagegen kein Gebet. Dafür ist das ganze 5. Kapitel ein Gebet, das sowohl das 4. Kapitel als auch das ganze Buch der Klagelieder abschließt. Das Gebet besteht aus zwei Teilen: einer Klage über die Schreckensherrschaft der Feinde (V.1-18), die auch das Bekenntnis der eigenen Sünde einschließt (V.16), und einer Bitte um die Gnade Gottes und Wiederherstellung des früheren Zustandes Israels (V.19-22).

Das Gebet beginnt mit der Beschreibung des Zustandes Israels (V.2-18) und der Bitte, dass der HERR die Schmach anschauen und des Überrestes gedenken möchte (V.1). Gott sieht sowieso alles (Spr 15,3). Doch hier geht es darum, dass er den Zustand ansehen sollte, um zu handeln.

Auch in unserem Leben gibt es viele Bereiche, die noch zum Guten oder Bessern verändert werden können. Gott möchte uns zum Guten verändern, doch damit dies geschehen kann, müssen auch wir erkennen, wie unvollkommen und verbesserungsbedürftig unser eigener Zustand ist und wie fern wir von dem sind, was wir nach Gottes Willen sein sollten – und dann kann Gott handeln, uns durch seinen Geist verändern und eine neue Gesinnung schenken. Aber bevor Gott handelt, müssen wir in der Regel den ersten Schritt tun.

Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. (Röm 12,2)

Das Buch der Klagelieder wird von den Juden immer am 9. Aw (der fünfte Monat im jüdischen Kalender) in der Synagoge gelesen, zur Erinnerung an die Zerstörung sowohl des ersten als auch zweiten Tempels, die beide an diesem Datum stattfanden. Allerdings beendet man die Lesung nicht mit V.22, sondern fügt eine Wiederholung von V.21 an. Es ist verständlich, dass man nicht mit dem Gedanken an die Verwerfung und den Zorn Gottes, der bis heute über allen nichtbekehrten Menschen schwebt, nach Hause gehen möchte. Die Bitte um Erneuerung und eine Wiederherstellung der gesegneten früheren Zeiten ist sicher angenehmer – und doch bleibt fraglich, ob der Mensch sich das Recht anmaßen sollte, den vom Geist Gottes inspirierten ernsten, herausfordernden Schluss abzumildern. Eines ist jedenfalls sicher: Eine Erneuerung und ein Leben im Segen Gottes ist ohne Sündenbekenntnis (V.16) und Umkehr zu Gott (Buße; V.21) unmöglich!


Nächster Tag Vorheriger Tag